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Vielflieger ohne Plan: deutsche Großkonzerne zeigen im internationalen Vergleich wenig Engagement, um Emissionen ihrer Geschäftsreisen zu reduzieren

12 mars 2024
Die deutschen Konzerne Siemens, Bayer, SAP et Thyssenkrupp zählen zu den weltweiten Vielfliegern, die keine Ziele zur Reduktion der Emissionen ihrer Geschäftsreisen haben. Deutschlandweit schneiden die Beratungsunternehmen Simon-Kucher et Allianz mit klaren Reduktionszielen am besten ab.

Das diesjährige Travel-Smart-Ranking zeigt, dass sich insgesamt nur drei deutsche Top-Unternehmen Ziele zur Reduzierung von Emissionen durch Geschäftsreisen setzen: Simon-Kucher, Allianz und Roland Berger. Insgesamt wurden 328 führende Unternehmen aus den USA, Europa und Indien bewertet, davon 29 Großkonzerne aus Deutschland.[1] Im internationalen Vergleich schneiden die meisten deutschen Unternehmen schlecht ab, da sie nicht schnell genug handeln oder kein echtes Engagement zur Reduzierung der Emissionen von Flugreisen zeigen.

Viele deutsche Großkonzerne betreiben business as usual: Sie fliegen lang und oft ohne ernsthafte Absichten, sich einzuschränken. Aber Nachhaltigkeit darf nicht nur ein Werbeslogan sein. Es gibt keine Ausreden mehr für Siemens, Bayer und Co., denn ihre Branchenkollegen zeigen, wie internationale Konzerne Verantwortung für das Klima unternehmen können”, sagt Marte von Der Graaf, Referentin für Luftfahrt bei Transport & Environment Deutschland.

Kein deutsches Unternehmen erhielt die Bestnote A. Nur Allianz und Simon-Kucher erreichten die B-Note. Beide verbesserten sich im Vergleich zum Vorjahr, indem sie ambitioniertere Ziele zur Verringerung ihrer Geschäftsreisen eingeführten. Die Allianz plant, Reisen bis 2025 um 40 Prozent zu reduzieren.  Simon-Kucher sieht eine Reduktion um 25 Prozent bis 2030 vor. Die restlichen deutschen Unternehmen schnitten mit den beiden schlechtesten Noten C oder D ab, darunter  Bayer (C), Siemens (C), und Volkswagen (D). Die Wolfsburger standen zuletzt in der Kritik, nachdem die Zahl der Privatjetflüge des Konzerns deutlich gestiegen ist.

Anne Rupp, Global Head of ESG bei Simon-Kucher, erklärt: „Simon-Kucher unternimmt große Anstrengungen, um sicherzustellen, dass wir Reiseemissionen reduzieren. Unsere Bestrebungen um die Offenlegung und Verringerung von Reiseemissionen sowie unsere SBTi-Verpflichtung zeigen unser Engagement für den Klimaschutz. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Verlagerung von Flugreisen in den Bahnverkehr und Investitionen in neue Technologien der langfristige Schlüssel zur Reduzierung der Emissionen sind. Wir fordern andere auf, sich uns anzuschließen und mit uns für eine bessere Zukunft nachhaltig zu reisen.

Ähnlich ambitioniert sind im weltweiten Branchenvergleich die Pharmaunternehmen Pfizer (A) und die Industriegiganten Michelin und Tetra Pak (beide B). Sie setzen sich ehrgeizige Ziele und verbessern ihre Klimabilanz mit einfachen Mitteln, indem sie etwa neue Arbeitsmethoden einführen, Flugreisen durch alternative Verkehrsmittel ersetzen oder die virtuelle Zusammenarbeit stärken.

36 Prozent aller Geschäftsreisen-Emissionen der untersuchten Firmen entfallen auf nur 25 international tätige Unternehmen[2]. Unter diesen Vielfliegern sind die deutschen Konzerne Volkswagen, Siemens, SAP, Thyssenkrupp und Bayer. In der Summe haben alle 25 Vielflieger keine Pläne,  ihre umweltschädlichen Geschäftsflüge zu reduzieren, obwohl sie in der Öffentlichkeit und gegenüber ihren Aktionären immer wieder mit ihrer Umweltfreundlichkeit werben. Würden die 25 Unternehmen die Hälfte ihrer Geschäftsflüge streichen[3], dann ließen sich innerhalb von weniger als 2 Jahren 5,9 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Das entspräche den Emissionen von 3 Millionen Autos in einem Jahr.

Zu den Vielfliegern ohne Ziele gehören auch IBM, Johnson & Johnson und Google. Unternehmen, die sich gern als fortschrittlich und bahnbrechend präsentieren, es aber nicht angehen, die Emissionen ihrer Geschäftsreisen zu reduzieren. Um auf diese Diskrepanz aufmerksam zu machen, hat die Travel-Smart-Kampagne Fake-Airlines wie Siemens Airlines, IBM Business Airlines und Johnson & Johnson Airlines gegründet . Wie groß die Verantwortung dieser Firmen ist, verdeutlicht ein einfaches Beispiel: So entsprachen die Geschäftsreise-Emissionen von Siemens 2019 mit 0,31 Mio. Tonnen CO2 dem CO2-Fußabdruck von fast zwei Flügen von London nach New York täglich während eines ganzen Jahres.

Anmerkungen für die Redaktion:

[1] Das Travel Smart Ranking bewertet 328 US-amerikanische, europäische und indische Unternehmen anhand von 11 Indikatoren, die sich auf die Emissionen von Flugreisen, Reduktionsziele und Berichterstattung beziehen. Die Unternehmen erhalten die Noten A, B, C oder D. In der diesjährigen Ausgabe des Rankings qualifizierten sich 16 Unternehmen für eine A-Note, 39 für eine B-Note, während die überwältigende Mehrheit ein C erhielt (227) und 47 Unternehmen eine D. 46 Unternehmen berichten über die vollständigen Klimaauswirkungen ihrer Reisen (einschließlich der Nicht-CO2-Emissionen). Im letzten Jahr waren es erst 40.  Dies ist die dritte Ausgabe des Rankings.

Diese Rangliste bewertet den Flugverkehr von Unternehmen, denn er ist entscheidend, um Emissionen in der Luftfahrt nachhaltig zu reduzieren. Um als führend in Sachen Nachhaltigkeit zu gelten, sollten umfassendere Aspekte des Geschäftsmodells eines Unternehmens berücksichtigt werden, so z.B. die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsreisen.

[2] Die 25 genannten Unternehmen waren die Vielflieger der 328 Unternehmen, die 2019  im Travel Smart Ranking bewertet wurden (vollständige Liste). Sie sind für 36 Prozent der Emissionen aller im Ranking aufgeführten Unternehmen verantwortlich.

[3] Die Travel-Smart-Kampagne fordert Unternehmen auf, sich bis 2025 oder früher ein Ziel von mindestens 50 Prozent Reduktion zu setzen. Das Ziel wurde auf der Grundlage der Analysen in der Roadmap von Transport & Environment für einen klimaneutralen Luftverkehr festgelegt. Sie zeigen, dass eine 50-prozentige Reduzierung des gesamten Geschäftsreiseverkehrs in diesem Jahrzehnt erforderlich ist, um den Luftverkehr auf einem 1,5°C-kompatiblen Pfad zu halten.

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